Monkey Management: So hören Sie auf, die Probleme anderer zu lösen [Field Story]

Monkey Management: So hören Sie auf, die Probleme anderer zu lösen [Field Story]

Kennen Sie diese Situation? Sie haben eine Aufgabe an eine Führungskraft oder eine:n Mitarbeiter:in delegiert. Diese Person klopft nach ein paar Tagen an Ihre Tür, weil sie irgendwo nicht weiterkommt und fragt Sie um Rat. 

Sie sind mit dem Thema vertraut, vielleicht haben Sie ein ähnliches Problem sogar schonmal gelöst. Als ehemalige Expertin bzw. Experte springen Sie gedanklich, noch während Ihr Gegenüber erzählt, direkt in die Lösungsfindung oder stellen detaillierte Fragen, um das Problem zu erkunden. Weil Sie aber gerade nicht genug Zeit haben, sagen Sie, dass Sie sich darum kümmern und wieder auf die Person zukommen werden. 

Schauen wir uns diese Situation im Hinblich aufs Monkey Management mal kurz genauer an. Was ist gerade passiert? Das Problem (also der “Monkey”) der Person liegt plötzlich nicht mehr bei ihr, sondern sitzt breit grinsend auf Ihren Schultern. Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer neuen Aufgabe. 

Im Einzelfall mag das nicht weiter kritisch sein. Spinnen wir das Szenario jedoch kurz weiter: Sagen wir, Sie haben ein Führungsteam von fünf Personen und jede dieser Personen kommt einmal pro Woche mit einem Problem zu Ihnen. Plötzlich haben Sie jeden Monat 20 fremde “Affen” auf Ihren Schultern sitzen, die Sie gedanklich verrückt machen, Sie von Ihren eigentlichen Aufgaben abhalten und Sie zunehmend erdrücken mit ihrem Gewicht. Ihre Abende werden länger, die Wochenstunden immer mehr.

Coaching-Beispiel: Monkey Management und ungewollte Muster

Genau so ging es einem Coaching-Klienten von mir vor kurzem. Nennen wir ihn Jan. Jan ist Gründer eines erfolgreichen Startups, das Finanzierungen in Millionenhöhe eingesammelt hat und in kurzer Zeit auf 25 Mitarbeiter:innen gewachsen ist. Als Naturwissenschaftler mit Doktorabschluss verfügt Jan über eine extrem hohe Expertise in seinem Fachgebiet und liebt es, komplexe Herausforderungen zu lösen. Jan kam zu mir, weil er frustriert war und sich gestresst fühlte, dass er zum wiederholten Male die Aufgaben seiner jungen Führungskräfte mit erledigen sollte. 

Es kam schon häufiger vor, dass Führungskräfte und Mitarbeiter:innen mit Problemen und schwierigen Aufgaben zu ihm kamen und Rat suchten. Aufgrund seiner hohen Expertise und seines lösungsorientierten Denkens ließ sich Jan sofort in die Details ziehen und hatte auch meist schnell eine gute Lösung parat. Das schätzten alle seine Führungskräfte und Mitarbeitenden und sprach sich herum. 

Jans Führungskräfte kamen nun immer häufiger zu ihm, wenn es mal knifflig wurde. Auch seine Mitarbeiter:innen stellten ihm gerne mal zwischendurch schwierige Aufgaben und Themen vor – mit oder ohne vorige Anmeldung. Und oft übernahm Jan dann auch einen besonders kniffligen Part – und schon hatte er die ganze Aufgabe auf dem Schreibtisch. 

Da es nun an herausfordernden Aufgaben nicht mangelt in schnell wachsenden Organisationen, war Jan schnell zum geschätzten Experten und Sparringpartner geworden für seine Führungskräfte – und arbeitete plötzlich immer öfter für sein Führungsteam, anstatt umgekehrt. 

Im Laufe unserer Coaching-Session kristallisierten sich zwei zentrale Fragen heraus, auf die wir gemeinsam Antworten suchten:

  1. Wie kann Jan den fremden “Monkey” auf seiner Schulter vermeiden?
  2. Wie schafft es Jan, bei Fragen nicht direkt zum “Problemlöser” zu werden und dennoch seinen Mitarbeiter:innen zu helfen?


Was Jans Team tat, ist bestimmt nicht mit bösem Vorsatz geschehen. Seine Mitarbeiter:innen wussten ganz einfach, dass Jan in seinem Fachbereich über eine extrem hohe Expertise verfügte. Außerdem hatten sie gelernt, dass er auf die meisten Fragen eine Antwort oder einen guten Impuls hatte. Das hatte mehrere negative Folgen: 

  • Jans Führungskräfte kamen zu schnell zu ihm und nahmen die ihnen übertragene Verantwortung nicht mehr wahr.
  • Jans Führungskräfte lernten nicht, an ihren anspruchsvollen Aufgaben zu wachsen.
  • Jan bekam immer wieder fremde “Affen” auf die Schulter gesetzt.
  • Jan verfiel zu häufig in sein ungewolltes “Problemlöser”- und “Ratgeber”-Muster und erledigt so Aufgaben, die gar nicht seine eigenen waren.
  • Jans eigener Aufgabenstapel als Geschäftsführer wurde immer größer, bis er frustriert und gestresst Hilfe suchte.

Im Laufe der Coaching-Session kam Jan zu vier wesentlichen Erkenntnissen:

  1. Ich muss in meiner Führungsrolle bleiben.
  2. Ich muss meinen Führungsstil verändern in Richtung “Leader as a coach”.
  3. Ich darf nicht zu schnell in die Lösungsfindung gehen.
  4. Ich bin nicht für jedes Problem der einzige Experte.
 

So wurde Jan fremde Monkeys und ungewollte Muster los

Noch in der Session stellte ich Jan die sieben Coaching-Fragen – ein Coaching-Instrument aus Michael Bungay Staniers Bestseller “The Coaching Habit” vor. Anschließend adaptierten wir diese Fragen gemeinsam so, dass sie ihm genau bei seinen beiden Herausforderungen “Monkey Management” und “ungewollte Muster vermeiden” helfen würden.

Wirkungsvolles Instrument gegen fremde

Jans sieben Coaching-Fragen

Vorweg riet ich Jan, sich bei künftigen Hilferufen seines Teams erstmal ein paar Sekunden Zeit zu erkaufen mit einer Rescue-Question bzw. einem Kommentar wie: 

“Ach, das ist ja eine spannende Frage!” 

Das sollte ihm helfen, nicht sofort in sein ungewolltes Muster “Problemlöser” zu verfallen.

Die anschließenden sieben – leicht abgewandelten – Coaching-Fragen sollten Jan dabei helfen, dass er sich nicht wieder einen fremden “Monkey” auf die Schulter setzen ließ. 

Frage Nr. 1: Was beschäftigt dich hier denn genau? 

Damit spielt Jan das Problem zu seinen Mitarbeiter:innen zurück und hilft ihnen dabei, es nochmal genauer zu artikulieren.

Frage Nr. 2: Und was noch? 

Diese Frage stellt Jan dreimal hintereinander – in etwas abgewandelter Form – und hilft seinen Mitarbeiter:innen damit, zur eigentlichen Ursache (“Root Cause”) des Problems vorzudringen.

Frage Nr. 3: Was ist hier genau die konkrete Herausforderung für dich? 

Mit dieser Frage fokussiert Jan die Aufmerksamkeit seiner Mitarbeiter:innen auf genau die Stelle, an der sie nicht weiterkommen. 

Frage Nr. 4: Was willst du also konkret erreichen?

Jan hilft seinen Mitarbeiter:innen dabei, vorwärts zu spulen und ein konkretes Zielbild für ihre Lösung zu entwickeln.

Frage Nr. 5: Wenn dein Problem gelöst wäre, was wäre dann konkret anders? 

Wie muss das Ergebnis wirken? Welchen Wert hat die Lösung? Wie sähe möglicherweise die Lösung aus? Hier tauschte ich bewusst die ursprüngliche Coaching-Frage “Wie kann ich helfen” aus, damit Jan nicht wieder in sein ungewolltes Muster “Problemlöser” verfiel. 

Frage 6: Wer außer mir und dir kann dieses Problem noch lösen? 

Wer kann einen Lösungsweg aufzeigen? Wer der Betroffenen oder außerhalb (Lieferanten, Partner, Bekannten, ehem. Kollegen:innen…) kann noch helfen? Diese Frage ersetzte ich, damit Jan seinen Mitarbeiter:innen eine Alternative aufzeigen konnte. Auch hier tauschte ich die ursprüngliche Frage aus, um Jan aus seinem “Helfersyndrom” zu bekommen.

Frage 7: Was ziehst Du für Dich heraus? 

Was nimmst Du mit aus dem Gespräch? Mit dieser Frage soll Jan seinen Mitarbeitenden helfen, zu reflektieren. Ziel ist es, dass seine Mitarbeiter:innen erkennen, wie sie Probleme in Zukunft angehen und selbständig zu Lösungen finden.   

Mastery durch Wiederholung

Diese Coaching-Fragen klangen für Jan zunächst sehr fremd. Damit er sie sich zu eigen machen und individuelle Formulierungen finden konnte, empfahl ich ihm, sich einen Buddy in der Organisation zu suchen. Das war ein Kollege oder eine Freundin, an der er diese Fragen ausprobieren konnte. Denn wie bei so vielen Dingen im Leben macht auch hier Übung bzw. Wiederholung den Meister. 

Gleichzeitig sollte dieser Buddy aus der Organisation immer wieder zusammen mit ihm darauf achten, wenn er in sein ursprüngliches Muster verfiel und ihn daran erinnern, was er stattdessen tun wollte. Mit jedem Mal wird es Jan etwas leichter fallen, eigene Formulierungen für diese Fragen zu finden. Und wenn er doch wieder mal in ein ungewolltes Muster verfallen sollte, wird ihn sein Coaching Buddy darauf hinweisen. 

Fazit 

Kämpfen auch Sie manchmal mit dem fremden Monkey auf Ihren Schultern oder verfallen Sie bei Gesprächen zu schnell in die Lösungsfindung? Entwickeln Sie einfach Ihre eigene Version dieser sieben Coaching-Fragen. Suchen Sie sich einen Buddy in Ihrer Organisation, an dem Sie diese Fragen ausprobieren und üben können. Mit der Zeit werden Sie Ihre eigenen Formulierungen finden, die immer weniger eingeübt klingen. 

Dieser Buddy weist Sie auch darauf hin, wenn Sie mal wieder direkt in die Lösungsfindung gehen, anstatt Ihrem Gegenüber zuzuhören und ihm dabei helfen, selbst die Antworten zu finden. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und Freude beim Ausprobieren!

Wenn Sie gern noch mehr über Coaching Habits und ungewollte Muster erfahren möchten, lege ich Ihnen die beiden Bücher ans Herz: 

Multipliers – How the best leaders make everyone smarter” – Liz Wiseman

The Coaching Habit – Say Less, Ask More & Change the Way You Lead Forever” – Michael Bungay Stanier 

Mit den besten Wünschen
Olaf Sell

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